“Komm, wir produzieren irgendwas unglaublich übertrieben glitzerndes und schimmerndes und klatschen da noch ein lebensgroßes Porträt von Anna und Elso drauf!”
“Und einen Frozen-Schriftzug!”
“Ist Frozen nicht mittlerweile mal out? Wie wäre es mit Einhörnern oder Lamas?”
“Nein! Frozen geht IMMER! Wir machen das mit Anna und Elsa!”
“Hier ist auch noch unheimlich viel Tüll in so changierenden Pastellfarben. Konnten wir damals billig aus einer Fehlproduktion aufkaufen. Kriegen wir den auch noch unter?”
An dieser Stelle sind sich die Designbüros von C+A, Ernstings Family, H+M und Co einig, und schon hängt die nächste Rutsche “Ballettanzüge” in den Läden.
Es ist erstaunlich, wie sie es jedes Mal hinbekommen, dass sanfte Pastellfarben am Ende doch so auf das menschliche Auge wirken als hätte man mit Textmarker-Neonfarben gearbeitet. Tüll wurde auch großzügig vernäht, musste ja weg. Jede Primaballerina würde vor Neid erblassen, was die Stoffmenge angeht, und Glitzer klebt auch noch drauf.
Nur so lange bis das Teil von einem überglücklichen kleinen Kind zum ersten Mal angezogen wird. Danach hat dann auch das Sofa Glitzer…. und das Bett…. und dann alles, was mit diesem lustigen Kleidungsstück gemeinsam in der Wäsche war.
Freundlicherweise bauen sie auch noch Glitzerturnschläppchen dazu, Anna links, Elsa rechts. Ok. Dieser Trick zum Schuhe unterscheiden ist irgendwie pfiffig.
Noch cooler wäre nur gewesen, wenn Elsa auf den linken Schlappen getackert worden wäre.
“L”-sa L-inks, Anna….A-ndere Seite. Naja, wahrscheinlich hatten die Erfinder von Frozen nicht DIESEN pädagogischen Auftrag im Hinterkopf, als sie Namen für ihre Heldinnen auswählten…
Zack, fertig ist das Tanzoutfit für die kleine Ballerina.
Der Tüll piekst zwar etwas an den kleinen Kinderbeinen, und so richtig hautsymapthisch ist dieses Teil aus hundert Prozent Erdöl auch nicht, aber dafür ist es so schön bunt und tuffig UND glitzert! Wenigstens noch ein bisschen… bis zur nächsten Kletteraktion auf dem Sofa… Und nach dem Klettern hat das Kind auch direkt eine lustige Frisur, weil es sich inzwischen dermaßen aufgeladen hat, dass es das nächstbeste elektrische Gerät mit einer einzigen Berührung durchbrennen lassen könnte.
Jetzt ist es so, dass den Ideenköpfen bei C+A, Ernstings Family, H+M und Co vielleicht überhaupt nicht klar ist, dass das Teil, was sie da produziert haben in Kombination mit seiner Bezeichnung “Ballettanzüge” im Alltag zu Missverständnissen führen kann. Wenn da “Ballettanzug” dran steht, wird es ja wohl ein prima brauchbares Kleidungsstück für den Tanzunterricht meines Kindes sein.
Nein!
Es gibt keine einzige ernsthaft Tanz unterrichtende Person, die vor Begeisterung in einen inneren Jubel ausbricht, sobald das nächste Kind im glitzernden Anna-und-Elsa-Anzug im Tanzstudio steht. …nachdem es irgendwie geschafft hat, sich mit diesem ausladenden Tüllrock aus dem Kindersitz zu schälen und die Schuhe auszuziehen, obwohl jeglicher Blick auf die eigenen Füße komplett von einer Tüllwolke versperrt ist. Da hilft auch “L”-sa links und Anna andere Seite nicht, da ist man froh, wenn man irgendwie die Schlappen an die Füße befördern konnte.
Im Tanzunterricht erweist sich dann die Kombination Glitzertrikot und wandgroßer Spiegel als bewegungshinderlich.
Denn während es im heimischen Wohnzimmer zum Glück vollkommen egal ist, wie wild und unbefangen der Ballettanzug kreuz und quer über das Sofa bewegt wird, lädt der omnipräsente Spiegel plötzlich dazu ein, ausdauernd die zehn Lagen Tüll immer wieder zurecht zu zupfen. Irgendwann vermeidet man dann zugunsten der Tülloptik lieber jede weitere Bewegung. Na gut…. das ist ja auch irgendwie eine pfiffige Schlussfolgerung für so ein Kind.
Trotzdem schade, dass jede Bewegungsaufforderung am Ende in “vorsichtig ein bisschen um sich selbst drehen” endet. Ja, auch der Tiger, der durchs Unterholz des Dschungels tigert, um sich seiner Beute zu nähern, dreht sich ausdauernd vorsichtig im Kreis um sich selbst, sobald er ein Frozen-Glitzertutu trägt.
Die Glitzerschlappen finden es übrigens total super, immer wieder von den Füßen zu rutschen. Besonders gerne, wenn sich das tanzende Kind dann doch mal mit Schwung auf einem Bein um sich selbst drehen möchte. (“Guck mal, ich kann schon eine richtige Ballettdrehung!”) Die stumpfe Gummisohle bleibt einfach am Fleck kleben, Kind dreht sich, zack Schlappen aus. Ich vermute, so muss es damals in Wirklichkeit auch bei Aschenputtel gewesen sein. Dabei gibt es so schöne brauchbare Tanzschuhe…
Ich frage mittlerweile bei Neuanmeldungen nicht mehr nach dem Alter der Kinder, sondern nach Konfektions- und Schuhgröße. Ab Größe 134 und Schuhgröße 30 steht einem Tanzstart bei mir nichts mehr im Wege.
Die Ballettanzüge Frozen-Kollektion geht nur bis Größe 128.
Dieser Beitrag war ursprünglich als Freitagsflause bei den Landmausflausen erschienen.